Mit seinen vielen Streuobstflächen hat der Landkreis Tübingen beste Voraussetzungen, um dem Steinkauz einen geeigneten Lebensraum zu bieten. Jedoch braucht der kleine Eulenvogel das ganze Jahr über einen Unterschlupf, in dem er vor Wind und Wetter geschützt ist. Besonders geeignet sind trockene, gut belüftete Baumhöhlen in alten Obstbäumen oder Kopfweiden. Heutzutage werden jedoch viele alte Bäume vorzeitig entfernt und mit ihnen die Baumhöhlen.
Das Ausbringen von Nisthilfen hat in den letzten Jahrzehnten vielerorts zu einer positiven Bestandsentwicklung des Steinkauzes beigetragen. In Baden-Württemberg gilt der Steinkauz als Zielart mit besonderer regionaler Bedeutung und hat somit landesweit eine hohe Schutzpriorität.
Mit dem von PLENUM geförderten Projekt wurden im Jahr 2020 insgesamt 25 Niströhren an geeigneten Standorten ausgebracht, um eine Wiederausbreitung im Landkreis Tübingen durch den Steinkauz zu unterstützen.
Diese Brutröhren bedürfen einer regelmäßigen Pflege und Kontrolle, die nur durch ehrenamtliche Helferinnen
und Helfer gewährleistet werden kann. Zu Beginn des Jahres 2020 fanden verschiedene Informationsveranstaltungen statt, an denen wir praktische Hinweise zum Umgang mit den Nisthilfen vermittelt
haben. Im Herbst waren wir auf dem Mössinger Apfelfest, dem Goldenen Oktober in Rottenburg und im Dezember auf dem Tübinger Weihnachtsmarkt mit einem Info-Stand.
Die Betreuung der Niströhren eignet sich auch für Schulklassen, Vereine oder sonstige Gruppen. Bei erfolgreicher
Besiedlung ist die Montage einer Wildkamera sinnvoll, um einen besseren Einblick in das Leben der kleinen Eulen zu erhalten. Zusätzlich haben alle Betreuungsteams einen Leitfaden mit allen
wichtigen Informationen erhalten.
Der Steinkauz ist mit einer Größe von nur 23 cm deutlich kleiner ist als beispielsweise eine Straßentaube. Der kleine
Eulenvogel ist erdbraun mit kleinen weißen Flecken auf Scheitel, Schulter und Flügeln. Auffallend sind seine großen, kreisrunden und hellgelben Augen.
In unserer Region sind extensiv genutzte Streuobstwiesen, Dorfrandbereiche mit alten Bäumen und Viehweiden sowie Dauergrünlandgebiete mit alten Kopfbaumbeständen der ideale Lebensraum für den Steinkauz.
Seine Beute sind überwiegend Insekten und Regenwürmer, die er von einer geeigneten Sitzwarte aus in den Wiesen aufspürt. Neben Nachtfaltern und Laufkäfern gehören dazu auch Kleinsäuger, zum Beispiel Feldmäuse.
Am Boden bewegt sich die kleine Eule äußerst gewandt, sofern die Vegetation nicht zu hoch aufwächst. Daher sind beweidete Flächen mit ganzjährig niedriger Vegetation besonders gut geeignet, um dort in der Dämmerung und nachts auf Jagd zu gehen.
Als standorttreuer Vogel lebt der Steinkauz das ganze Jahr in seinem Revier, das bei günstigen Bedingungen nur 1-2 ha groß ist. Brutpaare bilden sich ab dem ersten Lebensjahr und bleiben meist ein Leben lang bestehen. Die kleinen Eulen können bis zu 16 Jahre alt werden.
Ende Februar beginnt das alljährliche Balzritual und ab Mitte April legt das Weibchen 3-6 Eier in geeignete Höhlungen alter Bäume, Mauerlöcher oder spezielle Niströhren. Die Eule ist nicht wählerisch, bevorzugt aber trockene, gut belüftete Höhlen. Nach der etwa 4 Wochen dauernden Brut schlüpfen die ersten Jungen.
Nun gilt es Nahrung zu besorgen und da eine Nestreinigung durch die Altvögel meist ausbleibt, bildet sich im Laufe der Zeit eine Schicht aus Beuteresten, Gewöllen und Kot in der Höhle. Dann verlassen die kleinen Steinkäuze ihr Nest und werden als sogenannte Ästlinge noch für weitere 5 Wochen von den Eltern gefüttert, bis sie selbstständig sind und aus dem elterlichen Revier abwandern.
Der größte Teil der Jungvögel siedelt sich in weniger als 10 km Entfernung vom Geburtsort an.
Im Herbst beginnt die territoriale Phase der Balz, bei der die Jungvögel von den Elternvögeln verdrängt werden. So sichern sie sich das notwendige Beutepotential für den kommenden Winter.
Aufgrund seiner geringen Körpergröße benötigt der Steinkauz ein gut isoliertes Winterquartier. Neben Straßenverkehr, Prädation und Lebensraumzerstörung sind langanhaltende Winter eine der Hauptursachen für die hohe Mortalitätsrate von 65% der jungen Steinkäuze.
Der Steinkauz gilt als guter Indikator für die Qualität der dörflichen Kulturlandschaft. Noch in den 1960ern war er weit verbreitet in Deutschland, seither jedoch ist in den meisten Gebieten ein starker Rückgang zu verzeichnen. Im Landkreis Tübingen sind, trotz der gut erhaltenen Streuobstbestände, nur noch wenige Brutpaare vorhanden.
Deutschlandweit kommt mit ca. 7 400 Brutpaaren ein Großteil der noch verbliebenen Steinkauzpopulationen in Nordrhein-Westfalen vor. In Baden-Württemberg werden die Bestände auf etwa 500 Brutpaare geschätzt. Diese befinden sich im Raum Stuttgart/Ludwigsburg, in Freiburg i. Br. und am Bodensee. Seit 2009 wird im Raum Karlsruhe der Steinkauz mit einem Schutzprogramm wieder angesiedelt.
Vielerorts werden alte Streuobstbäume gerodet, gerade solche mit Baumhöhlen. Dadurch gehen wichtige Brutstätten für den Steinkauz verloren.
Das rasante Wachstum unserer Ortschaften lässt Baugebiete entstehen, wo vorher der Streuobstgürtel um die Dörfer und Städte lag. Zusätzliche Fraßfeinde wie Katzen jagen dadurch vermehrt in Brutgebieten des Steinkauzes.
Durch die Sanierung von Scheunen oder durch den Abriss alter Gebäude verschwinden immer mehr Unterschlupfmöglichkeiten, welche gerade in der Winterzeit essentiell sind.
Flurbereinigungen und die Intensivierung der Landwirtschaft führen zu einer ausgeräumten Feldflur. Die Umwandlung von extensiv genutztem Grünland zu intensiv bewirtschaftetem Acker beeinträchtigt die Lebensraumqualität enorm.
Pestizideinsatz und auch die Versiegelung von grasreichen Feldwegen, sowie der Verlust von vegetationsreichen Saumstrukturen, führt zu einer Reduzierung des Nahrungsangebots.
Schnellstraßen und Stromleitungen sind zusätzliche Gefahren für die nachtaktiven Eulen.